Michael Schneider, Geschäftsführer der Energienetze Bayern, über das Potenzial von Wasserstoff für die Energiewende.
Wir sind überzeugt, dass insbesondere Wasserstoff ein wesentlicher Energieträger der Zukunft ist. Bei Energienetze Bayern beschäftigen wir uns deshalb mit der lokalen Erzeugung von H2 aus erneuerbaren Energien und der Versorgung unserer Privat-, Gewerbe- und Industriekunden mit klimafreundlichen Gasen.
Mit H2Direkt zeigen wir ganz konkret, dass die Gasinfrastruktur auch zukünftig als Teil einer leistungsfähigen Infrastruktur nutzbar ist und dafür vergleichsweise wenige bauliche Maßnahmen nötig sind. Im bayerischen Hohenwart haben wir einen Teil des bestehenden Ortsnetzes mit angeschlossenen Kunden auf 100 Prozent Wasserstoff umgestellt. Das Projekt macht zweierlei deutlich: Erstens, der Betrieb bestehender Infrastruktur mit Wasserstoff anstelle von Erdgas funktioniert, und zweitens, unsere Gasverteilnetze sind ein wertvolles Instrument für die Energiewende.
In Bayern sind viele Gewerbe- und Industriekunden angesiedelt, die für ihre Prozesse auf große Mengen klimafreundlich erzeugter Energie angewiesen sind. Hier sehen wir ein großes Nachfragepotenzial.
Ob, wo und in welchem Umfang die Transformation der Wärmeversorgung auf Wasserstoff über die Gasverteilnetze gelingt, wird sich jeweils vor Ort zeigen. Aus einem zukünftigen Energiemix ist Wasserstoff jedenfalls nicht wegzudenken. Denn der Energieträger ist ein echter Alleskönner: Um energieintensive Industrieprozesse nachhaltig zu gestalten, gibt es kaum Alternativen zu Wasserstoff. Im bestehenden Gasnetz kann er fossiles Erdgas perspektivisch ersetzen, gleichzeitig glättet Wasserstoff als speicherbares Medium die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien.
Aktuelle Gasheizungen funktionieren mit einer gewissen Wasserstoffbeimischung. Der Anschluss an ein reines Wasserstoffnetz erfordert den Austausch der Brennwerttherme. Die ersten hundertprozentigen H2-ready-Thermen kommen in Kürze auf den Markt. Der Umstieg lässt sich in vielen Fällen zügig realisieren, denn die bestehenden Heizkörper können weiterverwendet werden. Die Anschaffungskosten für die neuen H2-Thermen sind nach Herstellerangaben vergleichbar mit herkömmlichen Brennwertgeräten.
In Deutschland will die Bundesregierung bis 2030 eine Elektrolysekapazität von mindestens zehn Gigawatt aufbauen. Zusätzlich wächst ein weltweiter Markt für Wasserstoff, der über einen im Aufbau befindlichen europäischen Hydrogen Backbone auch in Deutschland greifen kann. Auch die deutschen LNG-Terminals sind perspektivisch für die Anlieferung von Wasserstoff einsetzbar. Als regional verwurzeltes Unternehmen setzen wir gleichzeitig auf den Aufbau eigener Erzeugungsanlagen in Ober- und Niederbayern. Mit der ESB-Unternehmensgruppe sind wir an drei Projekten beteiligt, die die Erzeugung von regionalem, regenerativem Strom mit der Herstellung von grünem Wasserstoff ohne lange Transportwege verbinden. Diese werden auch durch das Bayerische Wirtschaftsministerium gefördert.