Carbon Management, das Abscheiden und Speichern (CCS) beziehungsweise die Nutzung (CCU) von CO₂, ist der Königsweg, um die Industrie zu dekarbonisieren. Dennoch: Wir befinden uns erst am Anfang der Entwicklung, Absichtserklärungen und Pilotprojekte beherrschen die Szenerie. Vor allem die Politik ist gefordert, das Thema zu priorisieren. Hier die Basics von Carbon Management auf einen Blick.
Für schwer vermeidbare CO₂-Emissionen aus Industrieprozessen, zum Beispiel bei der Beton-, Stahl- oder Chemieproduktion, muss das CO₂ abgeschieden und gesammelt werden, um anschließend zu seinem Speicherort transportiert werden zu können. Diese Abscheidung kann vor, während oder nach dem Verbrennungsprozess geschehen. Relevant sind aktuell vor allem zwei Methoden: Beim Oxyfuel Combustion Capture werden Energieträger mit reinem Sauerstoff statt mit Luft verbrannt. Beim Post-Combustion Capture hingegen geschieht die Abscheidung des Kohlendioxids nach dem Verbrennungsprozess.
Das Rauchgas wird aus dem Schornstein abgesaugt. Die Temperatur beträgt zwischen 100 und 165 Grad, wird dann auf 30 Grad runtergekühlt. Das geschieht in einem sogenannten direkten Temperaturkühler. Die Temperatur wird gesenkt und Natronlauge wird zugesetzt, um Schwefeldioxid und Salzsäure aus dem Rauchgas zu entfernen.
Das abgekühlte Rauchgas wird am Boden eines Absorbers gesammelt. Dort reagieren die CO₂-Moleküle im Rauchgas und verbinden sich mit der Aminflüssigkeit im Absorber zu einer reichen Aminlösung. Amine sind Ammoniak-Derivate. Das ganze Verfahren wird auch als Aminwäsche bezeichnet.
Die reiche Aminlösung wird dann in einen weiteren Desorber gepumpt, wo das Gemisch auf etwa 120 Grad erhitzt wird. Dadurch wird die Bindung zwischen dem Aminmolekül und dem CO₂ gebrochen. Dabei kann Restwärme aus der Fabrik genutzt werden, um den Niederdruckdampf zum Erhitzen des Amingemischs zu erzeugen.
Nach der Aufbereitung im Desorber bleibt reines CO₂-Gas übrig, das anschließend verdichtet und getrocknet wird. In der Verdichtungsanlage wird der Druck in mehreren Stufen von 1,7 Bar auf 70 Bar erhöht. Anschließend wird das CO₂-Gas wieder abgekühlt und kehrt in seinen flüssigen Zustand zurück, bevor der Druck auf 16 Bar gesenkt wird. Jetzt ist das abgeschiedene CO₂ bereit für den Transport.
Die Kalk- und Zementindustrie ist für einen erheblichen Teil der globalen CO₂-Emissionen verantwortlich – Schätzungen zufolge acht bis zehn Prozent. Bei der Produktion können nicht alle Emissionen durch die Substitution fossiler Brennstoffe durch erneuerbare Energien oder die Anpassung des Produktionsprozesses vermieden werden. Zum Erreichen der Klimaziele bis 2045 sind CCS und CCU, also die Abscheidung, der Transport sowie die Speicherung oder die Nutzung von CO2, folglich entscheidende Faktoren.
weniger Treibhausgasemissionen erzeugen Industrieanlagen durch CO₂-Abscheidung mittels Aminwäsche. Das chemische Verfahren kommt in der energieintensiven Schwerindustrie und beim Betrieb fossiler Kraftwerke zum Einsatz.
Der CO₂-Transport kann per Pipeline, Schiff oder Lkw erfolgen. Pipelines sind für große Mengen effizient, Lkw für kleinere Mengen. CO₂ kann gasförmig, flüssig oder überkritisch (Aggregatzustand zwischen flüssig und gasförmig) transportiert werden, wobei der überkritische Zustand für Pipelines vorteilhaft ist. Schiffe werden ab etwa 1.000 Kilometer Entfernung zum Speicher- oder Verwendungsort wirtschaftlich. Pipelines eignen sich für große Anlagen, die bis zu 35 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr abführen. Schiffe, Lkw und Bahn sind Alternativen, insbesondere für kleinere Emittenten oder längere Distanzen. Multimodaler Transport kombiniert verschiedene Methoden und könnte künftig an Bedeutung gewinnen.
CO₂ im flüssigen Zustand bei minus 50 Grad Celsius und bei Drücken von 6 bis 7 Bar könnte ein heutiger LNG-Tanker transportieren.
Länge soll das geplante CO₂-Pipeline-Netz in Deutschland im Jahr 2045 betragen. Das sieht die Carbon-Management-Strategie (CMS) der Bundesregierung vor.
Das Schiff ist eine Alternative zur Pipeline (ab Entfernungen von etwa 1.000 Kilometern). Lkw und Bahn werden beim Transport von abgeschiedenem CO2 künftig nur eine winzige Rolle spielen, vor allem bei kleineren Punkt-zu-Punkt-Lösungen.
Abgeschiedenes CO₂ wird in unterseeischen Formationen gespeichert, zum Beispiel in ehemaligen Lagerstätten von Erdöl und -gas. Oder in unterirdischen Formationen, wobei hierfür in Deutschland, anders als bei europäischen Nachbarn wie Dänemark, noch der politische Wille fehlt. Immerhin wurde im Sommer 2024 die deutsche Carbon-Management-Strategie beschlossen, die für den Transport und die Speicherung von CO₂ die rechtlichen Grundlagen schafft. Das globale Speicherpotenzial für CO₂ ist noch nicht vollständig erforscht, aber für einige Regionen liegen Schätzungen vor. Für die deutsche Nordsee wird das Potenzial auf etwa zwei bis acht Milliarden Tonnen taxiert. Genug, um die schwer vermeidbaren Emissionen der deutschen Industrie bis 2100 aufzunehmen.
Die Speicherung von CO₂ erfolgt in porösen Gesteinsschichten in einer Tiefe von mindestens 800 Metern unter dem Meeresboden. Die dort bestehenden Druck- und Temperaturbedingungen führen zu einer hohen Dichte des Wasserstoffs bei stark verringertem Volumen, was die Speicherung besonders effizient macht. Die meisten Lagerstätten – etwa erschöpfte Gas- und Erdöllagerstätten – befinden sich in noch deutlich tieferen Schichten von mehr als 1.000 Metern.
Die geschätzte CO₂-Speicherkapazität der Sandsteinschichten unter der Nordsee.
Von der Schmerztablette über den schicken Sneaker bis zur bequemen Matratze: Kohlenstoff kann bei der Produktion zahlreicher Güter zum Einsatz kommen – und kommt es bereits vielerorts. Laut Bundeswirtschaftsministerium verbraucht allein die deutsche Industrie jährlich 21 Millionen Tonnen CO₂ im Jahr. Dass ein großer Teil dieses Kohlenstoffs aus fossilen Quellen in naher Zukunft durch abgeschiedenes CO₂ ersetzt wird, erscheint nur logisch. Denn nur so wird es gelingen, eine Kreislaufwirtschaft aufzubauen und Treibhausemissionen einzusparen.